node created 2019/09/29
Gerade wie ein Mensch, der gar nichts hat, der kann wohl mild sein, denn er gibt mit dem Willen; jedoch, wenn ein Mensch grossen Reichtum hat und nichts gibt, der kann nicht mild heissen. Und ebenso kann kein Mensch eine Tugend haben, der sich nicht dieser Tugend hingibt, wenn es Zeit und Raum erlaubt. Und darum sind alle die, die sich dem beschaulichen Leben hingeben und nicht äusseren Werken und sich ganz und gar von äusserem Werk abschliessen, im Irrtum und nicht auf dem rechten Weg. Da sage ich, der Mensch, der im beschaulichen Leben ist, kann wohl und soll sich von allen äussern Werken freimachen, solange er im Schauen ist; aber hernach soll er sich äussern Werken widmen, denn niemand kann sich allezeit und fortwährend dem beschaulichen Leben hingeben, und das wirkende Leben wird ein Aufenthalt des schauenden Lebens.
Gott kann ebensowenig Gleichnisse leiden, als er leiden kann, dass er nicht Gott ist. Gleichnis ist das, was nicht an Gott ist. In der Gottheit und in der Ewigkeit ist Einssein, aber Gleichheit ist nicht Einssein. Bin ich eins, so bin ich nicht gleich. Gleichheit ist nicht die Form des Wesens in der Einheit, dieses gibt mir Einssein in der Einheit, nicht Gleichsein.
In Zeiten, in denen Jugendliche YouTube-Videos mit Sechs-Sekunden-Schnitten anschauen, alle 30 Sekunden unterbrochen von Werbung, können wir nicht mit einem 2 ½ Stunden Vortrag über die Theorien des Anarchismus kommen und erwarten, dass wir in Scharen Zuwachs bekommen. Wir müssen stattdessen in unseren Stadtteilen, in unseren Kiezen, die Nachbarschaft zum Leben erwecken. Wir müssen Hände reichen, Probleme lösen, zuhören und nachdenken. Vor allem nachdenken über neue Strategien und neue Konzepte. Es müssen neue Ideen heran, für eine neue Zeit. Wenn wir das Ruder noch herumreißen wollen, müssen wir es jetzt tun. Denn in wenigen Jahren werden wir dann tatsächlich über bloße Theorien sprechen, wenn wir über Solidarität und Menschlichkeit reden. Und diese Gefühle als bloße Theorie vermitteln zu können, halte ich für schwierig bis unmöglich.

Innerhalb von wenigen Jahren hat es der Neoliberalismus in Deutschland geschafft, eine ganze Generation von obrigkeitshörigen, konsumfixierten und indiviualisierten Menschen heranzuziehen, die sich darüber freuen, ein unbezahltes Praktikum für einen Milliardenkonzern machen zu dürfen. Vor zwanzig Jahren hätten da alle herzlich drüber gelacht.

Wenn der Prozess des Neoliberalismus abgeschlossen ist, haben wir keine Chance mehr. Wir müssen jetzt handeln. Es bedarf jetzt einer Runderneuerung der linken Bewegungen in Deutschland.
Wäre nicht Gott in allen Dingen, die Natur wirkte oder begehrte in keinem Dinge etwas; denn es sei dir lieb oder leid, magst du es wissen oder nicht: die Natur in ihrem Innigsten sucht und meinet Gott. Nie würde ein Mensch, der Durst hat, so sehr nach etwas zu trinken begehren, wenn nicht etwas von Gott darin wäre. Die Natur meinte weder Essen noch Trinken, noch Kleider, noch Bequemlichkeit, noch sonst etwas, wenn nicht Gott darin wäre, und sie jagt und bohrt immer mehr danach, Gott darin zu finden.
Gott kann, was er will, darum hat er dich sich selbst völlig gleich gemacht und dich zu einem Bild seiner selbst gemacht. Aber »ihm gleich«, das klingt wie etwas Fremdes und etwas Entferntes; darum ist die Seele Gott nicht gleich, sie ist ganz und gar das Gleiche wie er und dasselbe was er ist. Ich weiss und kann nicht weiter, damit sei diese Rede zu Ende.
Den gerechten Menschen ist es so ernst mit der Gerechtigkeit, dass sie, gesetzt den Fall, Gott wäre nicht gerecht, nicht eine Bohne sich um Gott kümmerten.
Drei Dinge hindern den Menschen, so dass er Gott in keiner Weise erkennen kann. Das erste ist Zeit, das zweite Körperlichkeit, das dritte Mannigfaltigkeit. Solange diese drei in mir sind, ist Gott nicht in mir und wirkt nicht eigenhaft in mir.
Eins ist ein untersagendes Aussagen. Sage ich: Gott ist gut, da wird etwas beigelegt. Eins ist ein untersagendes Aussagen und ein wehrendes Begehren. Was meint Eins? Etwas, dem nichts beigelegt wird. Die Seele nimmt die Gottheit, wie sie in ihr geläutert ist, wo nichts beigelegt wird, wo nichts gedacht wird. Eins ist Untersagen des Aussagens. Alle Kreaturen haben irgend ein Untersagen in sich; die eine sagt aus, dass es die andre nicht sei; ein Engel sagt aus, dass er nicht eine andere Kreatur sei. Aber Gott hat ein Untersagen alles Aussagens, er ist Eins und untersagt alles andere; denn nichts ist ausser Gott.
Was Gott für sich selbst ist, das kann niemand begreifen. Gott ist für sich selbst in allen Dingen, Gott ist alle Dinge in allen Dingen und Gott ist jedem Dinge allzumal alle Dinge. So soll die Seele sein. Gott ist keinem Dinge völlig nichts, Gott ist für sich selbst nicht völlig nichts, Gott ist nichts, was man in Worte fassen kann.
So unmöglich es ist, dass Gott das Wesen verliert, das er ist, so unmöglich ist es, dass Gott sein ewiges Wort in Bildern oder in Lauten aussprechen kann.
Alle Kreaturen jagen Gott mit ihrer Liebe, denn es ist kein Mensch so unselig, dass er aus Bosheit sündigte; sondern er tut es um seiner Lustgier willen. Es schlägt einer einen tot; das tut er nicht, um etwas Böses zu tun, sondern es dünkt ihn, er selbst käme, solange jener lebt, nimmer in sich selbst zum Frieden; darum will er in Frieden Lust suchen, denn Friede bringt Freude. So jagt alle Kreatur Gott mit ihrer Liebe, denn Gott ist die Liebe. So begehren alle Kreaturen der Liebe. Wäre ein Stein vernünftig, er müsste Gott mit seiner Liebe jagen. Wer einen Baum fragte, warum er seine Frucht trägt, wenn er Vernunft hätte, spräche er: dass ich mich in der Frucht erneuere, das tue ich, um mich von neuem meinem Ursprung zu nähern; denn dem Ursprung nahe sein, das ist lustvoll. Gott ist der Ursprung und ist Lust und Liebe.
Das Verlangen nach Gegenliebe ist nicht das Verlangen der Liebe, sondern der Eitelkeit und Sinnlichkeit.
Der Mensch, welcher nicht zur Masse gehören will, braucht nur aufzuhören, gegen sich selbst bequem zu sein; er folge seinem Gewissen, welches ihm zuruft: "Sei du selbst! Das bist du alles nicht, was du jetzt tust, meinst, begehrst."

Jede junge Seele hört diesen Zuruf bei Tag und bei Nacht und erzittert dabei; denn sie ahnt ihr seit Ewigkeiten bestimmes Maß von Glück, wenn sie an ihre wirkliche Befreiung denkt.
Sie werden ihres Hassens und Wütens satt und haben auf einsamer Strasse Licht-Gesichte, die ihnen zureden: "Warum nicht endlich lieben!" Es gibt eine so süße Wut der Liebe.
Frage: Zum Schlusse Ihrer nun umfangreichen Vernehmung habe ich die Frage an Sie zu richten, ob Sie nicht aus eigenem Entschluss etwas anzugeben haben, was zur Klärung der Sache beitragen kann oder noch nicht aufgeklärt ist.

Antwort: Auf diese Frage möchte ich noch angeben, dass ich am 5. oder 6. Februar 1943, nachdem ich am 4.2. an der Universität die Aufschrift "Freiheit" gesehen hatte, meinen Bruder unter vier Augen mit den Worten zur Rede stellt: "Das stammt wohl von Dir?" ich meinte damit, das Anschreiben des Wortes "Freiheit", worauf ich von ihm lachend die Bestätigung erhielt. Ich weiss nicht mehr ob er nur mit [dem] Kopf nickte, oder meine Frage mit "ja" beantwortete. Ich habe meinem Bruder in diesem Zusammenhang den Rat gegeben, mich bei ähnlichen Schmierereien mitzunehmen, um ihn vor evtl. Überraschungen zu schützen.
Ich will, dass dein Sieg und deine Freiheit sich nach einem Kinde sehnen. Lebendige Denkmale sollst Du bauen deinem Siege und deiner Befreiung.
Die Art der persönlichen Integration - oder ihr eigentlicher Mangel - ist eine Folge der Entwicklungsmöglichkeiten für Autonomie, die in der Lebenssituation enthalten sind. Eine Fehlentwicklung der Autonomie wird dadurch zum Kern des Pathologischen und letzten Endes des Bösen im Menschen.

Das Ringen um Autonomie fördert die Lebendigkeit. In dem Grad, in dem der gesellschaftliche Sozialisierungsprozeß aber Autonomie blockiert, wird dieser Prozeß selbst Erzeuger des Bösen, das er zu verhindern sucht. Wenn die Liebe der Eltern sich so entstellt, daß sie Unterwerfung und Abhängigkeit fordert, um sich bestätigt zu fühlen, dann wird gesellschaftliche Anpassung zu einer Probe der Gehorsamkeitsleistung. Das daraus resultierende Streben bringt den Verlust der wahren Gefühle mit sich. Der Mensch wird zur eigenen Quelle des Bösen. Das Paradoxe unseres Seins jedoch ist, daß das Versagen der Autonomie auch ein Nicht—Versagen darstellen kann. Autonomie kann nämlich in den Untergrund gehen und sich durch Unterwerfung und Unterwürfigkeit, durch das Sich-dem—Willen—eines—anderen-Ausliefern, verstecken. Darin liegt Hoffnung.
"Der Verrat am Selbst"
Unschuld ist das Kind und Vergessen, ein Neubeginnen, ein Spiel, ein aus sich rollendes Rad, eine erste Bewegung, ein heiliges Ja-Sagen.
Um die Welt empathisch zu erproben, muß es dem Säugling zunächst ermöglicht werden, sich der Umwelt nachhaltig zuzu wenden. Dies kann nur dann geschehen, wenn seine Beziehung zur stimulierenden Umwelt durch niedrige Intensitätswerte gekennzeichnet ist. T. C. Schneirla betont in einer langen Folge von Arbeiten, die in der zusammenfassenden Schrift "Eine evolutionäre und entwicklungsorientierte Theorie der biphasischen Prozesse, die dem Zuwendungs— und Vermeidungsverhalten zugrunde liegen" (1959), daß schon bei der Geburt eine primitive, zweigabelige organische Basis für spätere emotionelle Sinnesstimulation existiert. Niedrige (im relativen Sinn) Stimulusintensitäten lösen Reaktionen der Annäherung aus; hohe Stimulusintensitäten bewirken dagegen das Zurückziehen. Das Differential (Unterschied) im Schwellenreiz für die Muskeln, die diese Bewegungen steuern, wird damit zur Grundlage dieser Verhaltensmuster.

Was dadurch entsteht, ist eine Förderung der empathischen Vorgänge, vorausgesetzt, daß zwischen Säugling und Mutter Zuwendung existiert. Nur dadurch, daß die Mutter dem Kind entgegenkommt, ist die Zufuhr der niedrigen Stimulusintensitäten gesichert. Das ist es, was dem Kind nicht nur sein Leben erhält, sondern ihm auch die Basis für seine empathische Sinnesentwicklung gibt.

Dieses Entgegenkommen sichert dem Kind, daß es nicht von einem Übermaß an Stimulation überwältigt wird. J. L. Fuller (1967) zeigt zum Beispiel in seiner Arbeit über Reizverminderung, daß ein Lebewesen nichts lernen kann, wenn es ihm unmöglich wird, sich in einer Stimulussituation auf wichtige Bestandteile dieser Situation zu konzentrieren, indem es andere Elemente ignoriert.

Hier haben wir die wesentliche Substanz des Lernens des Eigenen. Damit es geschehen kann, ist eine Unterscheidung notwendig. Diese kann nicht zustandekommen, wenn die innere Reaktionsbereitschaft ihren entsprechenden auslösenden Stimulus nicht finden kann.

Eine Mutter, die ihr Kind intuitiv vor Reizüberflutung beschützt, legt in ihm den Grundstock, aus dem eigenen Selbst heraus lernen zu können. Wenn die Mutter dazu nicht in der Lage ist, wird sein Bewußtsein entweder von der Erfahrung der Hilflosigkeit beherrscht, die es zu einem Versager macht, oder das Gefühl des Ausgeliefertseins wird verdrängt und vom sich bildenden Selbst gespalten. Mit solch einer Lösung muß alles, was an die Situation erinnert, in der die Erfahrung der Hilflosigkeit gemacht Wurde (wie zum Beispiel die empathische Erfahrung des Kindes und damit sein Menschlichsein), ausgeschaltet werden. Auf diese Weise werden ganze Teile seines angehenden Seins vom Bewußtsein abgespalten. Um diese Spaltung dann aufrechtzuerhalten, muß Hilflosigkeit zum Objekt der Ablehnung und des Hasses werden. Sie ist es, die einen bedroht, und nicht die Situation, die sie verursacht hat. So rächt man sich dauernd an allem, was die eigene Hilflosigkeit hervorrufen könnte. Deswegen verachtet man Hilflosigkeit bei anderen. Dieses Verachten verbirgt die dahinter stehende eigene Angst und fördert zugleich die Haltung des Verachtens und die Notwendigkeit einer kompensierenden Ideologie der Macht und des Herrschens. Auf diese Weise treten die Opfer auf die Seite ihrer Unterdrücker, um neue Opfer zu finden: ein endloser Prozeß, durch den der Mensch verunmenschlicht wird.

Und so wird alles, was zu einem eigenen Ansatz zur Autonomie führen könnte, gehaßt. Der unablässige Drang nach Erfolg und Leistung tritt an die Stelle der Autonomie. Aber Autonomiebestrebungen werden nicht nur abgelehnt, weil sie solche Menschen an ihre eigene Unterwerfung erinnern könnten. Vielmehr ist es so, daß wirkliche Autonomie die Machtspiele entlarvt, an die man sich, um der Hilflosigkeit zu entkommen, angepaßt hat. Da wir alle bis zu einem gewissen Grad solchen Vorgängen unterworfen sind, ist das Resultat eine allgemeine Tendenz zur Verunmenschlichung, auch wenn wir sie als solche gar nicht wollen.
"Der Verrat am Selbst"
Der Prüfstein trügt dich nie: Gut ist, was wohl dir tut,
und das ist schlimm, o Herz, wobei dir schlimm zumut.